Röntgengerät beschädigt – Versicherung muss bezahlen
Immer wieder kann es geschehen, dass beim Röntgen, Ultraschall oder Szintigrafieren ein teures Gerät durch das Pferd beschädigt wird und der Tierarzt vom Tierhalter Schadensersatz fordert. Wer eine Tierhalterhaftpflichtversicherung hat, meldet dort den Schaden. Dass diese allerdings oft erst nach langen Auseinandersetzungen zahlt, zeigt der folgende Bericht.
Im vorliegenden Fall ließ der Beklagte sein Pferd in die Klinik des Klägers bringen, um eine röntgenologische Untersuchung der Beine durchführen zu lassen. Dabei beschädigte das Pferd die Röntgenanlage.
Klassische Tierhalterhaftung – Versicherung lehnt dennoch ab
Der Tierarzt verlangte vom Tierhalter den Ersatz der Reparaturkosten. Er war der Meinung, dass der Tierhalter gem. § 833 BGB haftet, weil durch sein Tier der Schaden verursacht wurde. Ob er dabei ist oder nicht, spielt keine Rolle. Entscheidend ist zunächst allein, dass sein Tier den Schaden verursacht hat. Das war hier ganz offensichtlich der Fall und sollte eigentlich keinerlei Probleme aufwerfen. Anders sah es allerdings die Haftpflichtversicherung des Tierhalters. Sie lehnte eine Zahlung ab.
Tierarzt verklagt den Kunden
Also musste der Tierarzt seinen Kunden verklagen, weil er selbst keine direkten Ansprüche gegen die Versicherung hat. Dies führt bei den Tierhaltern oft zu Irritationen: Schließlich haben sie doch eine Versicherung, die alles zahlen bzw. regeln soll. Dazu kommt, dass sie sich nicht gerne mit ihrem Tierarzt vor Gericht auseinander setzen wollen, mit dem sie sehr zufrieden sind.
Das ist alles im Prinzip richtig. Allerdings entscheidet allein die Versicherung darüber, ob oder wie viel gezahlt werden soll. Zahlt die Versicherung nicht, muss sie selbst für die Rechtsverteidigung ihres Versicherungsnehmers Sorge tragen. D.h. die Versicherung beauftragt einen Rechtsanwalt und trägt damit auch das Prozessrisiko. Verliert sie den Prozess, muss auch sie die Prozesskosten und den Schaden bezahlen. Der Tierhalter ist also völlig abgesichert und braucht sich keinerlei Sorgen um die finanzielle Regelung zu machen. Das einzig Ärgerliche ist, dass er mit bzw. gegen seinen Tierarzt vor Gericht steht.
Die gleiche Konstellation liegt vor, wenn ein Tierarzt wegen eines Fehlers verklagt wird. Auch in diesen Fällen entscheidet seine Haftpflichtversicherung, was und wie viel gezahlt wird. Der Tierarzt selbst darf sich gegenüber dem Kunden nicht äußern, weil er andernfalls seinen Versicherungsschutz verlieren könnte. Deshalb hört man in diesen Fällen meist nur: „Ich habe den Fall meiner Versicherung gemeldet. Sie wird alles Weitere regeln.“ Sollte es zu einem Prozess kommen, so wird dieser maßgeblich durch die Versicherung geführt, die natürlich auch sämtliche Risiken zu tragen hat.
Recht auf Seiten des Tierarztes
In dem Prozess um die Reparaturkostenerstattung meinte die Versicherung zunächst, dass der Tierarzt deshalb keinen Anspruch auf Zahlung habe, weil er nicht in den Schutzbereich der Tierhalterhaftung falle. Er habe schließlich die Herrschaft über das Pferd in einem eigenen wirtschaftlichen und beruflichen Interesse übernommen. Wenn er dabei geschädigt werde, so könne das nicht zu Lasten des Tierhalters gehen. Das Gericht stimmte dem Beklagten zu, dass der Tierarzt ein derartiges Interesse habe, doch sei das Interesse des Tierhalters an der Genesung des Pferdes sowie dessen anschließender Nutzung im Vergleich zum Honorarerzielungsinteresse höher, wenigstens aber gleichrangig. Das reiche aber nicht aus, um den Tierarzt aus dem Schutzbereich der Haftungsnorm zu nehmen. Die Tierhalterhaftpflicht schützt also auch den Tierarzt.
Allerlei fadenscheinige Ausreden
Die Versicherung meinte sodann vorbringen zu müssen, dass der Tierarzt durch die Überlassung des Pferdes Halter geworden sei. Das wurde vom Gericht abgelehnt mit dem Hinweis, dass der Tierhalter weiterhin die Kosten der Tierhaltung und das Risiko des Verlustes des Pferdes trägt. Schließlich war die Versicherung der Ansicht, dass der Tierarzt Tierhüter geworden sei und seine Aufsichtspflicht verletzt habe. Zumindest treffe ihn aber ein überwiegendes Mitverschulden nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr.
Dieser Einwand führte zu der vor dem Gericht durchgeführten Beweisaufnahme, in der mehrere Aspekte überprüft wurden: So wurden Zeugen gehört um abzuklären, ob der Tierarzt den Regeln der tierärztlichen Sorgfalt entsprechend vorgegangen ist. Der Abstand des Pferdes zum Röntgengerät wurde überprüft. Der Tierarzt konnte beweisen, dass das Pferd ordnungsgemäß sediert und aufgetrenst und zusätzlich mit einer Nasenbremse versehen war. Außerdem wurde das Pferd durch Berührung mit den Röntgenplatten an den Untersuchungsvorgang gewöhnt und jeweils eine Gliedmaße während des Röntgens angehoben.
Schließlich war das Gericht davon überzeugt, dass der Tierarzt seiner Sorgfaltspflicht voll nachgekommen war. Die Versicherung hingegen war immer noch der Meinung, dass das alles nicht ausreichend gewesen sei. Das Gericht meinte hierzu, dass sie angesichts der umfangreichen und bewiesenen Sicherheitsvorkehrungen genau und im Einzelnen mitteilen müsse, was denn angeblich an Sicherheitsmaßnahmen noch erforderlich gewesen wäre und unterblieben war. Da diese dazu nichts Wesentliches vorbringen konnte, stand fest, dass der Tierarzt ordnungsgemäß gehandelt hat. Ihm konnte nicht der Vorwurf des Mitverschuldens gemacht werden. Gleichzeitig stand damit auch fest, dass er als möglicher Tierhüter ordnungsgemäß gehandelt hat.
Im Ergebnis wurde der Tierhalter also verurteilt und die Versicherung musste zahlen. (AG Celle v. 14.12.2006 – 12 C 1328/06)
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